Voll im Wahlkampfmodus ist die Brandenburger CDU. Mit einem alten Holztisch fährt Landtagsfraktionschef Ingo Senftleben umher. Aufgestellt hat er ihn auf Gut Kerkow. Dort startete ein Sperrfeuer gegen die derzeitige rot-rote Landespolitik.
Er hat wirklich einen runden Holztisch im Gepäck, dunkel gebeizt und etwas abgeschabt. An einem solchen Tisch seien früher in der Familie viele Entscheidungen getroffen worden, erklärt Ingo Senftleben, Chef der CDU-Landtagsfraktion, den Gästen im Speicher von Gut Kerkow. Er sitzt zwischen altem Mauerwerk, wurmzerfressenen Dielen und schrägen Balken – Kulisse des Landlebens.
Doch wenige Minuten später geht es ganz und gar nicht mehr ländlich-gemütlich zu. Senftleben und sein uckermärkischer Fraktionskollege Henryk Wichmann sammeln Unmut von Bürgern und Parteimitgliedern ein. Jeder darf drei Minuten reden. Zwei Stunden tönt das Sperrfeuer gegen rot-rote Landespolitik quer durch alle Ebenen. Im Saal sitzen nicht nur Parteimitglieder, sondern Ottonormalverbraucher mit eigenen Anliegen.
Den Auftakt macht die Windkraft. Beinahe flehentlich bittet der Crussower Ortsvorsteher Dieter Grenz die CDU, die Riesenmühlen zu stoppen. Dann fliegen von allen Seiten Verkehrsprobleme auf den Küchentisch: Umleitungschaos, Pendlerchaos, zu wenig Unterstützung des Landes für den Nahverkehr. Brandenburg gebe als einziges Bundesland nichts zu den Bundesmitteln hinzu. „Sie sollten in den kommenden Jahren die Verkehrswende einleiten“, ruft der Chef der Uckermärkischen Verkehrsgesellschaft, Lars Boehme. Brandenburg baue unter Vollsperrung, in Vorpommern gehe das auf gleicher Straße mit halbseitiger Sperrung.
Senftleben führt die Probleme auf eine reduzierte Handlungsfähigkeit des Staates zurück. Fachplaner seien zu wenig. An Straßen sei in den vergangenen Jahren zu wenig getan worden. Er verspricht: „Mit uns wird es keine Abstufungen von Landesstraßen geben.“
Auch die Bauern schimpfen. Ministerialverwaltungen und Behörden würden sich in Brandenburg verselbstständigen und nicht mehr das machen, was die Leute oder die Minister wollen. Die Bürokratie spiele mit den Abgeordneten bei wichtigen Entscheidungen. Es gehe nur noch um Rotbauchunken und Trockenrasen in diesem Land, ärgert sich eine Bürgerin.
Proteste ebenso von extra angereisten Forstleuten aus den Kreisen Uckermark und Barnim: Der Forstbetrieb sei nicht mehr handlungsfähig, der angebliche Stopp der Forstreform sei eine Farce. Es fehle an Personal. Der Altersdurchschnitt sei viel zu hoch. „Die Entwicklung, die sich hier vollzogen hat, ist nicht mehr die Heimat, die sie mal war“, ruft ein Forstangestellter.
Senftleben kann kaum auf die vielen Einwürfe reagieren. Die Regierung übertreibe, so formuliert er. Minister würden Fördermittelschecks durchs Land tragen, anstatt ihre Arbeit zu machen. Henryk Wichmann geißelt die Vernachlässigung der ländlichen Bereiche. In Potsdam gehe man offenbar immer noch davon aus, dass das Land nur vom Wegzug betroffen ist. „Eine völlig falsche Antwort. 50 Prozent der Menschen leben auf dem Lande.“
Quelle: Dieser Artikel erschien in der MOZ.